Everything is Marketing

Marketing ist die Gesamtheit aller Aktivitäten zur Marktbearbeitung. So oder so ähnlich wird es gerne zusammengefasst. Der Markt ist das aufeinandertreffen von Angebot und Nachfrage. In der Regel verstehen wir diese Begriffe in der Ökonomie verortet. Aber was ist, wenn das Angebot die Meinung oder das Narrativ ist und die Nachfrage der Wunsch der Menschen nach Sinngebung. Anstelle des Geldes stellen wir die Zustimmung. Auch dann kann und wird Marketing betrieben.

Marketing war im Studium recht spannend. Besonders die etwas unbekannte Disziplin des Neuromarketing. Hier geht es darum, wie man Produkte und Marken so führt, dass es zu weder zu kognitiven Dissonanz kommt, noch irgendwelche Alarmsignale des Gehirns den Menschen hemmen weiterhin zur Marke oder dem Produkt zu stehen.

Eine andere Disziplin ist das Kommunikationsdesign. Hier wird das Produkt oder die Marke mit positiven Emotionen aufgeladen. Man kümmert sich darum, dass es sich gut anfühlt, genau dieses Produkt zu kaufen. 12 Euro für einen Kaffee auszugeben, der weder ökologisch, noch fair und die Geschmacksstoffe womöglich aus der Chemieindustrie stammen, und sich dabei auch noch gut zu fühlen, das ist das Ergebnis erfolgreicher Kommunikation.

Wir haben also das Werkzeug, um den Menschen so zu manipulieren, dass er im Sinne des Unternehmens oder einer Ideologie handelt. Man nennt das daraus folgende Handeln Motivation. Warum sollten wir sie nicht auch in der Philosophie, der Wissenschaft oder der Politik zum Zwecke der Meinungshoheit einsetzen? Damit würde ich nicht zum Öffnen der Büchse auffordern, denn sie ist nach meiner Ansicht nach bereits geöffnet. Es wird auf den Menschen bereits eingewirkt, damit er für eine nicht sichtbare Ideologie motiviert ist – und weil es sich gut anfühlt, wird es ja wohl auch gut sein, so sein naiver Glaube. Das manche, nach Jahrelanger Angehörigkeit zu einem Ideal irgendwann enttäuscht abwenden, liegt an diesem Umstand.

Wir müssen also unsere Ideologie, wie auch immer sie sein mag, mit positiven Gefühlen besetzen, indem wir sie sprachlich in die Nähe anderer positiv besetzen Wörter rücken. Gesellschaftlich ist eine Revolution da ganz passend. Aber auch Begriffe wie Solidarität, die alle Menschen fühlen, Zusammenhalt, Familie, Ökologisch, usw. Ob es wahr ist oder nicht spielt keine Rolle, es geht nicht um Inhalte und Fakten, es geht um Gefühle. Unsere Ideologie soll sich ja gut anfühlen, von Wahrheit war hier nicht die Rede.

Als nächstes müssen wir diese Gefühle transportieren. Wir brauchen also ein Medium, dass idealerweise zum großen ganzen passt. Man kann gegen Klimawandel nicht protestieren indem man ein Banner hinter einem Flugzeug herzieht, das widerspricht sich, bestimmte Schranken, deren Namen ich nicht mehr weiß, werden im Gehirn aktiv und der Menschen, denn ich erreichen will, hinterfragt. Also brauche ich ein Medium, welches glaubhaft die Botschaft transportiert. Am besten eigenen sich natürlich Menschen, denen anderen Menschen vertrauen, aber auch jedes andere Medium, ob soziale Medien bis Zeitung, Flugblätter und Aufkleber sind erlaubt. Hauptsache Inhalt und Medium passen zusammen, erwecken vielleicht noch ein wenig Retrofeeling, was mir gefallen würde 🙂

Das Medium, vor allem der Mensch, hat noch einen anderen Vorteil. Sie sind Multiplikatoren. Durch sie werden mehr Menschen von der Idee überzeugt, die wir verbreiten wollen. Multiplikatoren sind besonders Wertvoll, wenn sie in der Thematik drin stecken und so glaubhaft Aussagen treffen können. Apple zum Beispiel war schon immer bei Designern beliebt, also hatte man eine sehr kreative Basis an Multiplikatoren für neue Produkte. Das konnte fast nicht mehr schief gehen.

Eine andere Möglichkeit ist es, junge Menschen so früh wie möglich für die Sache zu begeistern. So wie die 1968er. Die Zielgruppe der Studenten musste sicherlich mit schlagenden intellektuellen Argumenten begegnet werden – die sich gut anfühlen aber keinen Sinn ergeben mussten. Der Erfolg dieser Strategie ist bekannt, bis heute besetzen sie diverse Büros und werden mit geraubten Steuern für ihre Tatkraft bezahlt. Wie Sinnvoll das ist, muss sich jeder selbst erdenken. Jedenfalls wäre es doch einfacher, wenn wir diverse Emotionen bei nicht so hoch gebildeten Menschen auslösen, zum Beispiel bei Schulkindern? Sie haben keine Lebenserfahrung, können einfach indoktriniert werden und wenn wir das mit den psychologischen Mittel versuchen, die die Erwachsenen ja haben, dann sollten wir keine Probleme haben, sie für die ein oder andere Sache zu gewinnen. Klar, die Kulturbürokratie hat hier große Möglichkeiten, aber sie unterliegen anderen Schwächen, die es auszunutzen gilt.

So ausgestattet also, mit Botschaft, Medium und Multiplikatoren, können wir starten und unseren Idealismus verbreiten. Natürlich gibt es auf dem Markt der Ideale Konkurrenz, die einem das Leben schwer macht, vor allem Jene, die sich als Monopolist sehen und keine andere Idee neben der eigenen duldet. Das sollte uns jedoch nicht abhalten, unsere Sachen schön zu verpacken und zu transportieren. Das unsere Ideologie das bessere Produkt ist, wird dann klar, wenn es, im Gegensatz zu anderen, widerspruchsfrei ist und bleibt. Ein neuer Aberglaube ist nichts weiter als das, was wir vor der Moderne und uns in der Postmoderne wieder blüht. In diesen Markt sollten wir erst gar nicht einsteigen, die aktuellen Marktteilnehmer sind hier absolute Profis.

Unser Markt sollte der sein, auf dem eine Offene Welt, für Grenzenlose Freiheit, die Kulturelle Selbstbestimmung, die kleinen Gruppen und Interessen eine Rolle spielen. Im Prinzip all das, bei dem ein Mensch das Zentrum der Gemeinschaft ist. Solidarität bedeutete einmal sich gegenseitig verpflichtet. Das ist natürlich weit vom heutigen Gebrauch entfernt, trifft aber viel mehr das, was Liberale unter Gemeinschaft verstehen.


Am Ende ist alles, was passiert Marketing. Ob es um Ideologien geht, Politik oder diverse Technologien und Erzeugnisse. Sie alle können unserer Zeit nur mit Marketing überleben. Marketing beeinflusst uns Menschen, es manipuliert ist, damit wir im Sinne der Sache motiviert sind und so handeln, dass es dem anderen Dient. Das ist die neue Form der Solidarität, in der nur eine einseitige Pflicht besteht, in der der Mensch sich einem Größeren Ganzen unterordnen soll – und das, dank des guten Gefühls auch tut. Glaubt niemanden, der sich nur für eine einzige Sache einsetzt, es sind die modernen Dogmatiker, sondern glaubt nur Menschen, die eine eigene Meinung vertreten, die rebellieren und Unruhe in den Reihen der im Gleichschritt marschierenden stiften.

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