Leiblichkeit

Der Leib ist in der Philosophie den Körper als Ganzes, wobei es hier verschiedene Ansätze zu geben scheint. Interessant ist der Begriff der Leiblichkeit in der Phänomenologie der aktuell so aufzufassen ist, dass, ganz subjektiv, auch Objekte in unserer Umgebung zu unserem Leib gehören. Zum Beispiel beim Einparken mit dem Auto, wenn wir ungern gegen einen Pfosten fahren möchten und wenn wir es doch tun, instinktiv zusammenzucken – gilt nur für Autofahrer 😉 Unser Leib weitet sich in diesem Moment auf das gesamte Fahrzeug aus. Könnte diese Leiblichkeit auch eine neue Sichtweise für das Subjekt und seine Umwelt sein?

Ich hatte bereits beschrieben, welches Problem es mit Objekten so gibt. Objekte haben keine Bedeutung sondern nur eine Funktion. Besonders schrecklich ist es, wenn Menschen wie Objekte behandelt werden. Die Probleme unserer Zeit sind aber nicht nur auf unsere mittelalterlichen Gesellschaftsmodelle, in denen wir Menschen bloße Objekte sind, zurückzuführen, wir sehen sie auch im Umgang mit unserer Umwelt.

Wie wir uns abgrenzen

In einem Subjekt-Objekt-Modell, in dem „ich“ das Subjekt bin, muss zwangsläufig alles weitere ein oder viele Objekte sein. Der Begriff der Umwelt grenzt uns gegeneinander ab. Einige kennen „Umwelt“ vielleicht als „Mitwelt“.

Dann grenzt uns das Begriffspaar Kultur und Natur von der Welt ab. Kultur sei es, wenn wir Menschen etwas hervorbringen und die Natur sei das wilde. Der Mensch ist Natur und, wenn er durch Religion und Politik gezählt wurde, Kultur…

Wie dem auch sei, es gibt eine Reihe von Begriffen, die uns von unserer Umwelt abgrenzen. Wir haben diese Trennung nun, wir sind diese Trennung aber nicht. Sie war und ist womöglich noch wichtig um die Welt zu verstehen. Wissenschaft funktioniert oftmals nur in geschlossenen, also abgegrenzten Systemen und nur, wenn das Subjekt nicht teil des Versuchs ist. Dabei ist alles voneinander abhängig und wir wissen, dass es keine geschlossenen Systeme gibt. Selbst das Subjekt hat wieder Bedeutung, spätestens seit der Relativitätstheorie. Es muss also ein Konzept her, mit dem wir uns wieder mit der Natur, der Umwelt und den Objekten da draußen, verbinden können.

Wie wir zusammenfinden

An dieser Stelle kommt die Leiblichkeit ins Spiel. Man könnte sagen, Leiblichkeit ist Ganzheitlichkeit. Wir können unseren philosophischen Leib nicht nur auf parkende Autos ausdehnen, wir können alles zu uns machen, wenn wir es wollen. Manches davon passiert auf natürliche Art und Weiße, meist dann, wenn Hormone im Spiel sind. Wer ein Kind hat, der kennt es. Wir fühlen mit dem Kind mit. Wir beschützen es, wie wir uns selbst beschützen würden – auch wenn wir dabei unsere Ängste und Sorgen übertragen. Selbst in der Liebe ist es so…

Wir können aber auch eine Liebe zu Autos entwickeln. Und wenn wir Autos lieben können, warum dann nicht auch unsere Umwelt? Das Ökosystem wäre dann kein Objekt oder System mehr, welches wir isoliert betrachten, erforschen und nutzen. Das Ökosystem wird zu einem Teil von uns und wir würden dann eben nicht mehr ohne ökologischem Denken handeln. Jede Zerstörung an der Umwelt würde zu einem Schmerz in uns führen – so wie es der Poller am Kotflügel des Fahrzeugs und der Stein am Kopf des Kindes tut.

Wir können unsere Mitmenschen zu unserem Leib machen. Theoretisch. Wir sollten nicht glauben, dass wir sie besitzen würden, sie sind eben keine Objekte! Wir könnten aber eine Gemeinschaft bilden, die füreinander Sorge trägt und ihrer Verantwortung jedem Individuum gegenüber bewusst ist – so wie wir Individuen sind die die Gemeinschaft überhaupt erst möglich machen. Ob wir ein Objekt sind, dass eine Funktion erfüllen muss, oder ob wir in einem „menschlichen Ökosystem“ aus vielen Subjekten teilnehmen, dass können wir entscheiden. Selbst parallel würde es gehen, wenn die unterlegene Idee einfach aufhören würde zu existieren, statt mit Gewalt an ihrer Existenz festhalten würde.

Unsere Idendität ist teil unserer Leiblichkeit.

Eine erweiterte Leiblichkeit kann also sowohl für die Umwelt, als auch für die Mitmenschen positive Effekte haben. Wir wären sozusagen eins mit der Natur und verbunden mit dem, was in der Welt geschieht. Leiblichkeit könnte ein Modell für eine friedliche und achtsame Lebensweise, sowie einer ökologischen und harmonischen Zukunft sein.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert